Aufgabe
1 ) Lies den Abschnitt unten “Was für Menschen waren die Retter?” und schreibe ein paar Stichworte auf (unten).
2 ) Erzähle die Geschichte von Otto Jogmin, so wie sie unten beschrieben wird.
3 ) Otto Jogmin war ohne Zweifel ein anständiger Mensch. Aber in welcher Hinsicht war er anders als andere Menschen?
Was für Menschen waren die Retter?
Nach dem 2. Weltkrieg hat man angenommen, dass die Menschen, die ihr Leben für die Rettung der Juden riskierten, aus ganz besonderen humanistischen oder religiösen Milieus stammen mussten.
Aber wie eine wissenschaftliche Untersuchung zeigte, war das keineswegs der Fall. Es gab natürlich Humanisten und religiöse Menschen*), die ihr Leben riskierten, aber die meisten Retter waren ganz gewöhnliche Menschen, die nur das Richtige tun wollten, und das Richtige war, einem Mitmenschen in Not zu helfen, auch wenn er Jude war.**)
Hotze, Redlich und Martchen wussten, dass Michael und seine Mutter Juden waren, und sie riskierten ihr Leben.
Otto Jogmin
Otto Jogmin war so ein ganz gewöhnlicher Deutscher. Er hatte nur 8 Schuljahre hinter sich und war Hausmeister in der Wielandstraße 18 in Berlin.
Von Anfang an war Jogmin gegen die Nazis und machte nie einen Hehl daraus. Allerdings ging er nicht öffentlich gegen die Nazis vor, was auch ziemlich hoffnungslos gewesen wäre, denn man hätte ihn ohne weiteres in ein KZ-Lager gesteckt.
Vor Hitlers Machtergreifung war Otto Jogmin ein rechtschaffener Mann gewesen, der nie etwas Verbotenes tat.
Aber als die Verfolgung der Juden nach der ” Reichskristallnacht“***) immer schlimmer wurde, fing er an, gegen die Gesetze der Nazis zu handeln und Medikamente und Lebensmittel für die Juden, die in seinem Haus lebten, zu beschaffen.
Als man dann 1941 mit den Transporten nach Auschwitz begann, entschloss Jogmin sich, die Juden in seinem Haus zu verstecken, wodurch sie dem sicheren Tod entgingen, und er baute den ganzen Keller für die Juden aus.
Anfangs war Jogmin nur Hausmeister für die Wielandstraße 18, aber als er auch die Arbeit für das Nachbarhaus, die Nr. 17, übernahm, hatte er plötzlich zwei große Kellerräume zu seiner Verfügung.
Otto Jogmin machte einen Mauerdurchbruch zwischen den beiden Kellerräumen, so dass die Menschen bei einer eventuellen Razzia der Gestapo in den anderen Kellerraum flüchten und so entkommen konnten.
Das große Problem für Jogmin war das Beschaffen von Lebensmitteln, da die Juden ja illegal im Haus lebten und keine Lebensmittelkarten hatten.
Wie Jogmin nach dem Krieg berichtete, fuhr er aufs Land nach Mecklenburg, wo er bei einem Schäfer Hammelfleisch und Käse beschaffte.
Aber Essen war knapp in den Kriegsjahren, und manchmal musste Jogmin den Schäfer regelrecht anflehen, um etwas Essen mit nach Hause bringen zu können.
Um Geld zu beschaffen, verkaufte er schließlich alles, was er hatte – seinen gesamten privaten Besitz.
Als man in den 50er Jahren Otto Jogmin interviewte, antwortete er auf die Frage, warum er sich freiwillig in Gefahr begab: “Ich war der Einzige, der retten konnte. … es ging nicht anders. Ich habe auch gar nicht überlegt, denn wenn ich ehrlich überlegt hätte, hätte ich vieles überhaupt nicht gemacht.”****) Red.
*) Als Beispiel für kirchliche Organisationen, die das Leben von vielen Juden retteten, muss hier “Die Bekennende Kirche” mit Pastor Niemöller erwähnt werden.
Die Bekennende Kirche hat viele Juden in Pfarrhäusern versteckt. Aber Idealisten wie Pastor Niemöller wurden im faschistischen Deutschland hart bestraft. Niemöller selbst musste mehrere Jahre im KZ Sachsenhausen verbringen und überlebte seine Hinrichtung nur durch Zufall.
**) Wolfgang Benz berichtet in seinem Buch Überleben im Dritten Reich, S. 43 f:
“Die altruistische Persönlichkeit als Idealtypus, durch Erziehung, Bildung, religiöse Überzeugung oder besondere Humanitätsideale geformt, nach der die Forscher gesucht haben, um die Retter nach sozialwissenschaftlichen Kategorien auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, gibt es nicht“.
***) de.wikipedia.org/wiki/Novemberpogrome_1938
****) Wolfgang Benz: Überleben im Dritten Reich, S. 65. [Otto Jogmins historie er fortalt af Marion Neiss i Überleben im Dritten Reich. Forlaget C.H. Bech har lagt dette afsnit af bogen på internettet: Marion Neiss Berlin Wielandstrasse 18 – Ein ehrenwertes Haus Eine … (Se i øvrigt Bibliographie).
Bemærk i øvrigt, at man i Tyskland har fortløbende numre. Den ene side af gaden har altså numrene 17, 18, 19 o.s.v.)]
Red.